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Großes Interesse an einer Reise zum eigenen Ich

Das Interesse war riesig: Drei Dutzend Gäste kamen zum ersten »Abend der Sinne« in das Café »C’est Lavie« nach Königslutter, doch weit mehr hatten im Vorfeld eine Absage erhalten. »Wir hätten gut 100 Karten mehr vergeben können«, sagte Thomas Grove. Sein kostenloses Angebot einer Einführung in die Klangmeditation jedenfalls traf offenbar den Zeitgeist – fand Anklang und Resonanz.

Thomas Grove entlockte seinen Klangkörpern mit sogenannten Reibern ungewöhnliche Töne

Resonanz und Klang standen dann auch 90 Minuten lang im Mittelpunkt in dem Raum an der alten Stadtmauer (Westernstraße 28a). Dabei war den Besuchern, davon etwa 90 Prozent Frauen, klar, dass die Situation nicht ganz perfekt war für den Entspannungsansatz. »In der Regel liegen die Teilnehmer in meinen Gruppen auf dem Rücken«, sagte zu Beginn Grove, der als Sozialpädagoge bei der Lavie Reha arbeitet.
Doch die Meditation funktionierte auch im Sitzen. Der Musiktherapeut hatte eine ganze Reihe von Klangschalen, Gongs und anderer exotischer Resonanzkörper mitgebracht. »Sehen verhindert das Hören«, erklärte der Gastgeber, bat um geschlossene Augen und um den Verzicht auf Applaus bis zum Ende. Die Vorhänge des Lokals waren ebenfalls geschlossen. »Alle sollen hier ganz für sich sein.«
Hören, lauschen, wahrnehmen: Diese Versenkung ins Innere erleichterte Grove durch sphärische, kosmische Töne. »Klangschalen bringen die Seele zum Schwingen«, hatte er versprochen, und tatsächlich gelang es wohl bei vielen – auch wenn die Empfänglichkeit sicher von Person zu Person variierte. Gong und Klangschalen sind uralte, wahrhaft historische Instrumente. »Sie wurden seit Jahrtausenden genutzt, um schöpferische Kräfte und solche der Selbstheilung freizusetzen«, hatte Grove angekündigt.
Und noch eine weitere Prognose gestellt: »Bei gewissen Geräuschen werden Sie sich in Ihre Kindheit zurückversetzt fühlen.« In der Folge imitierten die Instrumente unter seinen Händen Vogelstimmen, raschelnde Blätter und einen plätschernden Bach.
Doch die Zeitreise ging noch einen Schritt weiter – zurück in die persönliche Grundharmonie – dorthin, wo wir alle rundum versorgt waren: im Mutterbauch. »Diese Klänge regen das Urvertrauen an, das wir damals gespürt haben«, interpretierte Grove. Heute, ein halbes Leben später, sollten sie dazu dienen, aktuelle Bedürfnisse und unerfüllte Wünsche zu erkennen.
Der Gastgeber erwies sich dabei als Meister seines Fachs. Inmitten einer ganzen Armada unterschiedlicher Klangkörper gelang ihm die Überlagerung verschiedener Sphären sehr eindrücklich. Grove erwirkte sich direkten Zugang zum Bauchraum seiner Gäste. Es summte und brummte im Kopf und im Körper. Wie angekündigt, wurden Erinnerungen wach.
Gegen das Ziel dieser Reise hatten offenbar nur die Spülmaschine und die Tresenkühlung des Cafés etwas. Sie breiteten ihrerseits einen selbstbewussten Klangteppich aus und störten den Genuss. Bei einer Wiederholung dieser Premiere werden sie sicher abgeschaltet.
Im zweiten Teil des Abends erhöhte Grove die Lautstärke der Performance. Es wurde dynamischer, er reizte den Pegel bewusst aus. »Wenn ich wollte, könnte ich mit den Gongs auch die Gläser im Regal zum Schwingen bringen«, drohte der Künstler schmunzelnd.
Hatten sich die Gäste zuvor in einem eigenen Klangraum befunden, so blieben die Augen diesmal offen. Eine zurückhaltende Lichtshow tauchte das Café in Astralnebel und Sternenflimmer. Der Applaus zum Abschluss war überaus herzlich, viele gaben gern in die aufgestellte Spendenbox.
»Mir hat der Abend ganz gut gefallen«, bilanzierte Brigitte Homann. Sie hat selbst eine kleine Klangschale zu Hause, war schon mehrfach bei Entspannungsübungen im Sportverein. »Im Liegen kann man sich natürlich besser auf die Sache einlassen, aber als Einstieg war das hier sehr schön.« Ihr Ehemann Wilhelm, einer von drei Männern im Raum, empfand den Abend als »geglücktes persönliches Experiment«, wie er sagte. »Ich hatte mit Klangmeditation vorher gar keine Berührung, fand sie aber gut.«
Geradezu euphorisch äußerte sich eine weitere Teilnehmerin: »Ich bin Schmerzpatientin und habe inzwischen einige Erfahrung mit Klangmeditation.« Sie habe gelernt, sich auf Klangmassagen einzulassen, bei denen die Schalen direkt auf betroffene Körperregionen gestellt werden. »Ich reagiere stark auf diese Einflüsse und habe auch heute Abend wieder gemerkt, wie die Beschwerden umgehend weniger geworden sind.«
Das gibt dem Klangkünstler sicher weiteren Rückenwind. »Ich plane auch in anderen Städten der Region, vor allem an außergewöhnlichen Orten, meine Klangmeditation und -performance zu präsentieren, um noch mehr Menschen klangvoll zu begegnen und zu erreichen«, ließ er wissen. Aktuelle Angebote finden sich auf www.klangentspannung-schwuelper.de.

Im zweiten Teil des Abends gab es zu den Klängen eine zurückhaltende Lichtshow Fotos (2): Regio-Press