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Wie wirkt sich Corona auf die Tierheime unserer Region aus?

In den sozialen Medien kursieren derzeit viele Berichte über Niedersachsens Tierheime – einige von ihnen kommen demnach schlichtweg an ihre Kapazitätsgrenzen. Das Tierheim in Salzgitter verhängte vor Kurzem sogar einen Aufnahmestopp. Doch wie sieht es bei Hund, Katze, Maus & Co. in den Tierheimen der Landkreise Helmstedt und Wolfenbüttel aus? Und inwieweit hat die Coronapandemie Einfluss darauf? Wir waren für Sie vor Ort, um uns selbst ein Bild von der aktuellen Lage zu verschaffen.
Schöningens Tierheimleiterin Stephanie Brandt mit einer der Katzen, die ein neues Zuhause suchen

Jedes Jahr zur Ferienzeit ist es dasselbe Spiel: Das einst geliebte Haustier wird zur Last und landet nicht selten im nächsten Heim. Doch entgegen unseren bösen Ver­­mutungen, insbesondere im Hinblick auf die zur Coronazeit angeschafften Tiere, blieben in den Landkreisen Helmstedt und Wolfenbüttel glücklicherweise mehr Zwinger leer als noch im vergangenen Jahr. »Sicherlich gab es auch bei uns Abgaben zu Beginn der Ferienzeit.

Bei manchen Tierhaltern treten dann abrupt Allergien auf«, verrät Ute Rump, Leiterin des Tierheims Wolfenbüttel. Es handele sich allerdings nicht um Rückläufer aus der Corona­zeit. Demnach sei die Lage in Wolfenbüttel immer noch entspannt. »Wir haben derzeit acht Hunde und 60 Katzen in unserer Obhut. Das waren schon mal mehr«, bestätigt Rump die geringe Rückga­be­quote. Dafür sei die Tierpension des Tierheims bereits voll ausgebucht. Natürlich sei man immer darauf bedacht, die Heimtiere möglichst schnell in ein neues liebevolles Zuhause zu vermitteln. Manchmal gestalte sich dies jedoch schwierig, weil einige Tiere aufgrund ihrer Vorgeschichte spezielle Anforderungen an das neue Zuhause stellen.

»Einer unserer Notfälle ist Darko. Der achtjährige Rüde kam von einer russischen Tötungsstation zu uns und muss erst Vertrauen zu seinen Menschen aufbauen. Für diesen wundervollen Hund suchen wir ein älteres Paar. Kleine Kinder sollten nicht im Haus leben«, schildert Tierpflegerin Tanja Fricke, die ihr ganzes Herzblut in die Pflege und Vermittlung ihrer Schützlinge steckt.

Katharina Roye, Tierpflegerin im Tierheim Helmstedt, mit dem jungen Kater Ugly Foto: Steinkamp

Ein weiteres Problem stellten laut Aussage der Tierheimleitung in Wolfenbüttel die unkastrierten, streunenden Katzen dar. »Wir bekommen viele Katzenjunge und trächtige Tiere«, berichtet Rump. Diese Problematik kennt auch Stephanie Brandt, Schöningens Tierheimleiterin und zweite Vorsitzende des Tierschutzvereins, die als Tochter des heutigen ersten Vorsitzenden quasi im Tierheim groß wurde und sich von klein auf mit den Sorgen und Nöten lästig gewordener Heimtiere befasste. »Wer im Tierschutz arbeitet, hat das Elend oft direkt vor Augen und muss zudem mit dem Unver­ständ­nis aus der Bevölkerung kämpfen. Die Menschen werden immer rücksichtsloser«, verrät Brandt. Ihre Aufgabe sei es dann, im Rahmen groß angelegter Kas­trationsaktionen die ausgesetzten und teils verwilderten Katzen einzufangen. Zudem gebe es einige Futterstellen, die täglich von den Tierschützern besucht werden.

»Das Aussetzen von Tieren darf keine Option sein«, ap­pelliert sie. Es käme auch nicht selten vor, dass Besitzer das Einschläfern von teils gesunden Tieren als letzte Lösung sehen. Um genau jene Tiere kümmere sie sich gemeinsam mit drei ehrenamtlichen Helfern. Der Verein finanziert sich dabei fast ausschließlich durch Spendengelder. Derzeit warten in Schöningen neben einem kleinen Hund 27 Katzen auf ein neues Zuhause. Insgesamt acht weitere Katzen seien auf einer Pflegestelle untergebracht. »Wir suchen stets nach geeigneten Pflegestellen und sind dankbar über jeden, der helfen möchte«, schildert Brandt. Bei der Abgabe von Tieren gucke man genau hin. »Nur wenn die Chemie stimmt, vermitteln wir. In diesem Punkt bitten wir um mehr Verständnis. Schließlich geht es am Ende um das Wohlergehen der Tiere«, ergänzt die Tierheimleiterin.

Tanja Fricke, Tierpflegerin in Wolfenbüttel, mit dem achtjährigen Rüden Darko Foto: Steinkamp

Auf die Vermittlung warten auch einige »Notfelle« im Tierheim Helmstedt. Glücklicherweise ist es auch dort zu keiner bereits befürchteten Rückgabewelle gekommen. »Fundtiere bekommen wir immer wieder rein, jedoch in diesem Jahr nicht mehr als sonst – im Gegenteil«, bestätigt Katharina Roye vom Tierheim Helmstedt. Zwölf Katzen warten zurzeit auf ein neues Zuhause. Eine von ihnen ist Katzenoma Theresa. Die 20-jährige Katzendame ist keinesfalls so betagt, wie man bei ihrem Alter annehmen könnte. Aufgeschlossen und munter empfängt sie uns in ihrem Zwinger. »Theresa kam durch einen Todesfall zu uns. Wir hoffen nun auf ein geeignetes Zuhause in Wohnungshaltung, im besten Fall bei älteren Menschen ohne weitere Katzen«, erklärt Roye. Auch der kleine Ugly sucht ein neues Zuhause.

Bei dem acht Wochen alten Kater handelt es sich um eine Handaufzucht. Dementsprechend menschenbezogen und verspielt zeigt er sich auch in seinem Gehege. »Nach der Kastration darf Ugly in ein neues Zuhause ziehen«, so Roye. Neben den Stubentigern warten noch insgesamt sieben Hunde auf neue Herrchen und Frauchen. »Für einige unserer Notfälle sind hundeerfahrende Menschen gefragt. So auch für Sputnik«, verrät die Tierpflegerin. Der etwa neun Jahre alte Deutsche Schäferhund ist bereits seit zwei Jahren im Tierheim und stammt aus schlechter Haltung. Sputnik braucht klare Regeln und wird nicht an Familien mit Kindern oder Kleintieren vermittelt. 

Wer einem Hund, einer Katze oder einem Kleintier aus dem Tierheim ein neues Zuhause schenken möchte, den beraten die Tierheimmitarbeiter gerne. Wer möchte, kann sich im Vorfeld aber schon mal auf www.tierschutzverein-wolfenbuettel.eu, www.tierheim-schöningen.de bzw. tierheim-helmstedt.de einen Überblick der zu vermittelnden Tiere verschaffen.

Annika Steinkamp