Bereits im November hatte Ortsheimatpfleger Stefan Bormann zum 2. Sickter Heimatabend in den Rittersaal des Herrenhauses eingeladen. Dieses Mal berichtete aus aktuellem Anlass des Abzuges der letzten ISAF-Truppen der Sickter Afghanistan-Veteran Ernst-Dieter Grieshaber von seinen Erfahrungen aus seinen beiden jeweils sechsmonatigen Einsätzen in den Jahren 2008 und 2009.
Besonders interessant war hierbei Grieshabers Tätigkeit im Rahmen der militärischen Aufklärung (Human Intelligence), durch welche er regelmäßig in Kontakt mit vielen unterschiedlichen Akteuren gekommen sei: Lokalpolitiker, Angehörige der afghanischen Polizei, aber auch Warlords, um nur ein paar Beispiele anzuführen. Nur mit Frauen habe es in dieser patriarchalisch geprägten Gesellschaft keinerlei Austausch gegeben. Die Begegnungen seien bisweilen aufgrund der völlig unterschiedlichen kulturellen Hintergründe und damit verbundener Wertvorstellungen eine große Herausforderung gewesen; Bestechungsgelder hätten häufiger gezahlt werden müssen und in einigen Situationen sei man an eigene ethische Grenzen gestoßen – so etwa bei der Glorifizierung des Holocaust oder bei einem Angebot, über hauseigene Lustknaben verfügen zu dürfen – im Tausch mit den Sanitätssoldatinnen der Bundeswehr.
Den Zuschauern wurde anhand der Schilderungen eindringlich bewusst, dass es sich bei dem zwanzigjährigen Engagement der Bundeswehr am Hindukusch nicht lediglich um eine Mission der Friedenssicherung handelte, sondern tatsächlich um einen Kriegseinsatz. So erläuterte Grieshaber, dass das Feldlager in der Nähe der Stadt Kundus, in dem er stationiert war, praktisch tagtäglich unter Raketenbeschuss gestanden habe. Ebenfalls zeigte er eine Aufnahme aus einem Konvoi heraus, in welcher eine durch ein Selbstmordattentat verursachte Explosion zu sehen ist. Die Grausamkeit des Krieges wurde nicht zuletzt anhand einer so beschriebenen Situation deutlich, dass Grieshabers Einheit etwa 20 Minuten nach den Taliban in einem Dorf angekommen sei, kurz nachdem diese mehrere Mädchen bei lebendigem Leibe begraben hätten, sodass die Dorfbewohner nur noch ihre Leichname hätten bergen können. „Wenn man mit solchen Erlebnissen konfrontiert wird, merkt man erst, wie unglaublich privilegiert wir hier in Deutschland leben. In Afghanistan macht sich sicherlich niemand Gedanken um Gender-Sternchen“, so lautete das Fazit Grieshabers.