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Der Ausbruch der Geflügelpest hält die Landkreise in Atem

Als wären die wirtschaftlichen und sozialen Einschränkungen aufgrund der Coronapandemie nicht schon schwerwiegend genug, hält in den Landkreisen Wolfenbüttel und Helmstedt nun auch noch die Geflügelpest viele landwirtschaftliche Betriebe, private Geflügelhalter und die Behörden in Atem. In beiden Landkreisen wurde in Einzelfällen amtlich das Geflügelpestvirus nachgewiesen und als Konsequenz eine behördlich angeordnete Aufstallungspflicht für Geflügel angeordnet. Zudem wurden sogenannte Restriktionsgebiete um den Seuchenbestand mit dem positiven Befund festgelegt.
Hinweisschilder an Straßen, vor allem an Ortsein- und -ausgängen im Landkreis Wolfenbüttel kennzeichnen den Sperrbezirk mit einem Radius von drei Kilometern, der sich über die Gemeinden Kneitlingen, Evessen, Bansleben, Eilum und Gilzum erstreckt

Als sich am 4. März in einem Hausgeflügelbestand der Samtgemeinde Elm-Asse, genauer in der Gemeinde Kneitlingen, der Verdacht auf Geflügelpest bestätigte, dauerte es nicht lange, ehe der Landkreis Wolfenbüttel handelte und in einer tierseuchenbehördlichen Allgemeinverfügung konkrete Maßnahmen gegen ei­ne mögliche Ausbreitung ergriff. 

Neben der Vorgabe, dass Hühner, Truthühner, Perlhühner, Reb­hühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse im gesamten Landkreis im Stall oder in einer anderen, gegen Wildvögel gesicherten Vorrichtung bleiben müssen, wurde rund um den Ausbruchsherd ein Sperrbezirk mit einem Radius von drei Kilometern eingerichtet. Innerhalb des Sperrbezirks, der mit Hinweisschildern an Straßen, insbesondere an Ortsein- und -ausgängen gekennzeichnet ist, befinden sich die Gemeinden Kneitlingen, Evessen, Bansleben, Eilum und Gilzum. Rund um den Sperrbezirk wurde in einem Radius von zehn Kilometern zudem ein weitreichendes Beobachtungsgebiet festgelegt. 

Innerhalb dieses Gebietes befindet sich u. a. der Betrieb von Ernst Glindemann. Gemeinsam mit seiner Frau Anja betreibt der Landwirt in Volzum ein Hühner­mobil, in dem sich seine rund 470 Hühner aufgrund der Verordnungen nun den ganzen Tag über aufhalten müssen. »Da die Hühner nicht wie gewohnt raus dürfen, haben wir unser Mobil mit Spezialkost wie Möhren, Kartoffeln und Kälbermilchpulver sowie zusätzlichem Spielzeug und lockerem Streu zum Scharren ausgestattet. Da die Gefahr der Geflügelpest schon den ganzen Winter bestand, waren wir vorbereitet. Ein Vorteil ist zudem, dass unser Hühnermobil zwei Etagen hat und somit genug Platz bietet. Unseren Hühnern geht es trotz der Umstände gut und sie sind gesund. Auch unsere Eier dürfen wir mit einer Ausnahmegenehmigung verkaufen«, berichtet Glindemann.

Wie die Pressestelle des Landkreises Wolfenbüttel auf Anfrage des Stadtspiegels mitteilte, dürfen im Sperrbezirk und im Beobachtungsgebiet Eier grundsätzlich nicht verkauft werden. In der Allgemeinverfügung des Landkreises vom 4. März heißt es wortwörtlich, dass auch Geflügel, Geflügelprodukte oder -bestandteile sowie Eier nicht in einen Sperrbezirk oder in ein Beobachtungsgebiet reingebracht oder herausgebracht werden dürfen. In begründeten Einzelfällen könne jedoch durch das Veterinäramt im Landkreis Wolfenbüttel eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden. Diese müsse beim Veterinäramt beantragt werden. Dafür seien besondere Schutz- und Hygienemaßnahmen zu treffen, was etwa die Desinfektion von Schuhen, das Tragen von Einmal-Schutzkleidung sowie das Reinigen und Desinfizieren von Transportfahrzeugen betrifft. Eine weitere Voraussetzung dafür sei, dass die Eier über eine vom LAVES (Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) zugelassene Eierpackstelle in hygienisch einwandfreien Einwegverpackungen abpackt werden. Die Betriebe, für die das infrage kommt, haben bereits eine Ausnahmegenehmigung erhalten.

Jacob Twelckmeyer von Winis Wiesenei aus Winnigstedt hat sein Hühnermobil im Zuge der Aufstallungspflicht mit einer Art Wintergarten ausgestattet. Dort finden die Tiere genügend Raum zum Scharren und Picken Fotos (2): Nickel

Seine Eier mit einer Ausnahmegenehmigung vertreiben darf auch Christoph Löhmann von Löhmanns Landeier aus Süpplingen im Landkreis Helmstedt, wo in der vergangenen Woche bei einer verendet aufgefundenen Wildgans ebenfalls das Geflügelpestvirus nachgewiesen und im Nachgang von den Behörden ein Beobachtungsgebiet sowie eine Aufstallungspflicht für den gesamten Landkreis verfügt wurde. Zwei von Löhmanns drei mobilen Ställen befinden sich im Beobachtungsgebiet, berichtet der Landwirt. »Wir haben nun einen Drei-Stufen-Plan entwickelt, um unserem Federvieh auch im Innenbereich gute Beschäftigungsmöglichkeiten bieten zu können. Zudem haben wir für jeden Stall eigene Schutzkleidung und Schuhe und desinfizieren den Vorraum regelmäßig. Nur wir persönlich oder unsere Mitarbeiter betreten das Grundstück, um die Gefahr einer möglichen Ansteckung einzudämmen. Zum Glück sind unsere Tiere gesund und die Eier entsprechend unbedenklich. Ich denke, dass wir noch bis etwa Ende April mit dem Thema zu tun haben werden«, sagt Christoph Löhmann voraus.

Sollte sich der von Löhmann anvisierte Zeitraum der Aufstallung verlängern und gar 16 Wochen andauern, droht den Geflügelwirten in den Landkreisen Wolfenbüttel und Helmstedt eine weitere einschneidende Maßnahme. Dann nämlich müssen Eier von Freilandhaltung als solche aus Bodenhaltung deklariert werden. Ein Szenario, auf das auch Jacob Twelckmeyer nicht erleben möchte. Der Inhaber von Winnis Wiesenei in Winnigstedt hat im Zuge der Aufstalltungspflicht zum Wohle seiner Hühner extra eine Art Wintergarten gebaut und hofft auf eine baldige Entspannung der Lage. »Auch wenn sich unsere Hühnermobile noch außerhalb des Beobachtungsgebietes befinden, tun wir alles, um den Anforderungen gerecht zu werden, weiterhin unbedenkliche Eier zu bieten und natürlich den Tieren eine artgerechte Umgebung zu bieten. Wir alle hoffen, dass die Seuche bald beendet ist und wieder Normalität für unsere Hühner einkehrt«, sagt der Hühnerwirt.

Sebastian Nickel